Kritik: Von einem, der auszog, die Revolution zu lernen: Hommage an Thomas Sankara (Theaterdiscounter, Berlin, 04.01.2012)
Kritik des Stücks "Von einem der auszog, die Revolution zu lernen", Von Karsten Schuldt. In: zweidreidingedazu.wordpress.com. „Das muss man sich mal vorstellen“, ist der Satz, welcher in Von einem, der auszog, die Revolution zu lernen am häufigsten fällt. Eigentlich, so die Ankündigung, geht es um Thomas Sankara. Aber eigentlich geht es um Luzius, einen Schweizer, der auf der Suche nach einem Helden auf Sankara stösst. Und verwundert ist. „Das muss man sich mal vorstellen“, fällt auch deshalb immer wieder, weil es so unverständlich ist.
Sankara kam 1983 durch einen Putsch in Burkina Faso – damals Obervolta – an die Macht und versuchte, nicht nur das gesamte Land, sondern die gesamte Welt umzugestalten. Auf der einen Seite versuchte er, die Bevölkerung in alle Entscheidungen des Öffentlichen Lebens eiinzubeziehen, auf der anderen Seite wollte er Burkina Faso und ganz Afrika von der westlichen Welt unabhängig machen. Dazu entwickelte er Modelle des planwirtschaftlichen Merkantilismus, die aber auch als Propaganda funktionierten. Kurz gefasst war Sankara ein hochgebildeter, politisch denkender Soldat auf dem Dikatorenposten, der die Aufklöärung verkörpern, den Sozialismus einführen, eine neue Welt entwerfen und dabei alle Unterdrückten der Welt zu befreien beziehungsweise zur Selbstbefreiung aufzurufen. In Sachen Charisma konnte er es mit Che aufnehmen. 1987 dann wurde er in einem weiter Staatsstreich ermordet.n
Je parle au nom de ces millions d’êtres qui sont dans les ghettos parce qu’ils ont la peau noire ou qu’ils sont de culture différente et bénéficient d’un statut à peine supérieur à celui d’un animal.
Je souffre au nom des Indiens massacrés, écrasés, humiliés et confinés depuis des siècles dans des réserves afin qu’ils n’aspirent à aucun droit et que leur culture ne puisse s’enrichir en convolant en noces heureuses au contact d’autres cultures, y compris celle de l’envahisseur.
Je m’exclame au nom des chômeurs d’un système structurellement injuste et conjoncturellement désaxé, réduits à ne percevoir de la vie que le reflet de celle des plus nantis.
Je parle au nom des femmes du monde entier, qui souffrent d’un système d’exploitation imposé par les mâles. Pour ce qui nous concerne, nous sommes prêts à accueillir toutes les suggestions du monde entier, nous permettant de parvenir à l’épanouissement total de la femme burkinabè. En retour, nous donnons en partage à tous les pays, l’expérience positive que nous entreprenons avec des femmes désormais présentes à tous les échelons de l’appareil de l’État et de la vie sociale au Burkina Faso. Des femmes qui luttent et proclament avec nous, que l’esclave qui n’est pas capable d’assumer sa révolte ne mérite pas que l’on s’apitoie sur son sort. Cet esclave répondra seul de son malheur s’il se fait des illusions sur la condescendance suspecte d’un maître qui prétend l’affranchir. Seule la lutte libère et nous en appelons à toutes nos sœurs de toutes les races pour qu’elles montent à l’assaut pour la conquête de leurs droits.
Je parle au nom des mères de nos pays démunis, qui voient mourir leurs enfants de paludisme ou de diarrhée, ignorant qu’il existe, pour les sauver, des moyens simples que la science des multinationales ne leur offre pas, préférant investir dans les laboratoires de cosmétiques et dans la chirurgie esthétique pour les caprices de quelques femmes ou d’hommes dont la coquetterie est menacée par les excès de calories de leurs repas trop riches et d’une régularité à vous donner, non, plutôt à nous donner, à nous autres du Sahel, le vertige. Ces moyens simples recommandés par l’OMS et l’UNICEF, nous avons décidé de les adopter et de les populariser.
Je parle aussi au nom de l’enfant. L’enfant du pauvre, qui a faim et qui louche furtivement vers l’abondance amoncelée dans une boutique pour riches. La boutique protégée par une vitre épaisse. La vitre défendue par une grille infranchissable. Et la grille gardée par un policier casqué, ganté et armé de matraque. Ce policier, placé là par le père d’un autre enfant qui viendra se servir ou plutôt se faire servir parce que représentant toutes les garanties de représentativité et de normes capitalistiques du système.
Je parle au nom des artistes (poètes, peintres, sculpteur, musiciens, acteurs), hommes de bien qui voient leur art se prostituer pour l’alchimie des prestidigitations de show-business.
Je crie au nom des journalistes qui sont réduits soit au silence, soit au mensonge pour ne pas subir les dures lois du chômage.
(Thomas Sankara / Discours de Sankara à l’ONU – 4 octobre 1984. In: |+| Ndongo Samba Sylla (Hrsg.): Redécouvrir Sankara: Martyr de la liberté. Berlin; Wien: AfricAvenir; Exchange & Dialogue, 2012, S.125-126)
nUnd doch: Praktisch niemand kennt Sankara, zumindest nicht in Europa. Dabei könnte er neben den Che- und Marley-Postern hängen und würde dorthin passen. Burkina Faso ist heute noch eines der ärmsten Länder der Welt, nach dem Putsch gegen Sankara gab es vorerst keinen mehr und der Präsident ist immer noch der gleich (der übrigens auch schon den Staatsstreich, bei dem Sankara an die Macht kam, durchgeführt hat).
Die Geschichte ist gut, sie ist echt. Jemand kommt daher und sagt laut, dass wir eine neue Welt bauen, dass sich alle selbst befreien müssen und reisst für eine Zeit sein Land und viele andere Menschen mit.
Luzius nun sitzt in Basel und sucht nach solchen Helden. Er findet Sankara und fährt nach Burkina Faso, dort ist die Situation ambivalent. Sanakars Grab liegt auf versteckten Friedhof der Hauptstadt, alle, die von Veränderung reden, beziehen sich auf Sankara, von seinem Traum oder seiner Message wird desöfter berichtet. Aber ansonsten ist das Leben schlecht.
Von diesem Entdecken berichtet das Stück nun. Es zeigt, wie Luzius loszieht, um von Sankara zu lernen, wie er von Hypolitte aus Burkina Faso durch das Land geleitet wird. Insoweit ist es vorallem eine Stück für uns Europäerinnen und Europäer – ob nun in Berlin oder Basel. „Das muss man sich einmal vorstellen“ wird nur einmal nicht von Luzius gesprochen, sondern – auf französisch – von Hypolitte, der erstaunt darauf verweisst, dass da ein Schweizer, aus einem der reichsten Länder der Welt, nach Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt kommt, nur um einen Helden zu suchen: „Habt ihr keine eigenen Helden?“ fragt er.
Das Stück ist eine Collage, vor allem offene Fragen und Versatzstücke von Sankara. So unentschieden wie das Entdecken. Auf der einen Seite will er uns davon berichten, wer Sankara war, was er getan hat. Er ist immer wieder erstaunt von den sehr klaren – und dabei unglaublich höflichen – Worten Sanakaras. Auf der anderen Seite weiss er selbstverständlich davon, wie die Welt eingerichtet ist, dass Sanakaras Experiment nicht nur am nächsten Putsch scheiterte, sondern auch daran, dass nicht alles sofort zu haben ist. Das die Menschen, wenn sie besser werden sollen, sich radikal verändern müssen. Und selbstverständlich ist das Leben in Burkina Faso hart. Das Stück wechselt nun Szenen von Hoffnungslosigkeit und Hoffnung, von Gewalt – wobei, auffällig, der Weisse Luzius immer den Unterdrückten spielt – und Revolution. Gespielt ist das sehr routiniert, sehr fliessend. Die verwendeten Bilder sind divers, aber leicht verständlich. Luzius – der wirklich so heisst und das Stück auch verantwortet – berichtet davon, dass er gerade einmal zwei Monate in Burkino Faso unterwegs war. Es ist das Zwischenergebniss einer Recherche.
An einer Stelle meint Hypolitte sehr nonchalant, dass es schon schade ist, dass wir iin Europa Sankara nicht kennen, weil dessen Message nicht nur für Afrika, sondern für die ganze Welt da sei. Das stimmt – auch wenn man an Sankaras konkreten Programm Kritik üben kann, wie immer, zumal er das Problem des „guten Diktators“ nicht löst – und nicht zu Unrecht scheint das Stück gerade das zu thematisieren: Das da noch jemand ist, der die Revolution versuchte und den wir ganz ignorieren.