PM: Lügenfritz vom Schild – Berliner Lüderitzstraße soll umbenannt werden

Zum anstehenden 20. Jubiläum der Unabhängigkeit Namibias am 21. März 2010 fordert unser zivilgesellschaftliches Bündnis die Umbenennung der Lüderitzstraße in Berlin-Mitte (Wedding). Die Straße wurde 1902 nach Adolf Lüderitz, dem „Begründer“ der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“, benannt. Wir greifen dabei die Empfehlungen vorhergehender Initiativen und des Kampagnenbündnisses „125 Jahre Berliner Afrika-Konferenz: erinnern, aufarbeiten, wiedergutmachen“ auf, die sich entschieden gegen eine weitere Ehrung von Kolonialpionieren und -verbrechern in deutschen Straßennamen ausgesprochen haben. Am 27. Februar 2010 wurde bereits das Kreuzberger Gröbenufer in May-Ayim-Ufer umbenannt und damit erstmalig der Name eines deutschen „Kolonialpioniers“ durch den einer Person ersetzt, die sich kritisch mit der kolonial-rassistischen Vergangenheit dieses Landes und deren Folgen auseinandergesetzt hat. Hier sollte nun angeknüpft werden.

Der Bremer Kaufmann Lüderitz betrog 1883/84 die Nama von Bethanien um einen Großteil ihres Landbesitzes und legte damit den Grundstein für Deutschlands gewaltsame Kolonisierung des Gebietes und die rücksichtslose Unterwerfung seiner BewohnerInnen. Bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein wurde der skrupellose Geschäftsmann von der Kolonialbewegung als wagemutiger „Vater der ersten deutschen Kolonie“ gefeiert. Nicht nur das demokratische Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch die Städtepartnerschaft Berlins mit der namibischen Hauptstadt Windhoek verbieten es, einen solchen Mann noch länger zu würdigen. Berlin sollte umgehend dem Beispiel Kölns folgen, das seine Lüderitzstraße schon 1990 umbenannt hat.

Mit der Umbenennung soll die Kolonialgeschichte nicht aus dem Berliner Stadtbild verbannt werden. Vielmehr soll eine afrikanische Persönlichkeit geehrt werden, die sich den deutschen Kolonialverbrechen unter Einsatz des Lebens entgegenstellte. Entsprechend schlagen wir für eine Neubenennung den Namen von Cornelius Frederiks vor. Frederiks gehörte zu der von Lüderitz betrogenen Nama-Gemeinschaft und leistete jahrelang aktiven Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Wie ein Großteil seiner Mitgefangenen kam der Nama-Onderkaptein 1907 im deutschen Konzentrationslager auf der Haifischinsel bei Lüderitz ums Leben. Die Nama von Bethanien gehen davon aus, dass sein Schädel zu den vielen Gebeinen von AfrikanerInnen gehört, die damals zu Forschungszwecken nach Deutschland verschickt und bis heute nicht zurück gegeben und bestattet wurden. Alternativen zur Lüderitzstraße wären aber auch Namen wie Marengo- oder Witbooistraße, wobei mit letzterem nicht nur der getötete Nationalheld Hendrik Witbooi, sondern auch seine Tochter Margarete geehrt werden würde, die sich selbst noch in deutscher Gefangenschaft mutig gegen die Besatzer wandte.

Es ist an der Zeit, dass auch der Bezirk Berlin-Mitte zur kritischen Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit beiträgt. Nirgendwo sonst in Berlin sind so viele Straßen nach Kolonialisten benannt oder – wie die Mohrenstraße – rassistisch konnotiert. Entsprechend sollten die ebenfalls anstehenden Unabhängigkeitsjubiläen der ehemaligen deutschen Kolonien Togo (am 27. April 2010) und Tansania (am 9. Dezember 2011) zum Anlass dienen, auch die Umbenennung des Nachtigalplatzes und der Petersallee in die Wege zu leiten.
 
Kontakt:         nChristian Kopp, ed.lainoloktsop-nilreb@oreub, Tel.: 030 231 321 54
Israel Kaunatjike, ed.bew@nilreb-irahalak, Tel.: 030 2156836nVon: Afrikanisches Viertel; Afrika-Rat Berlin-Brandenburg; AfricAvenir International; Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag; Berlin Postkolonial; Israel Kaunatjike, Vertreter der Herero in Berlin; „Kolonialismus.im.Kasten?“; NaturFreunde Berlin; Solidaritätsdienst International; Werkstatt der Kulturen

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