Paradoxien der Nachhaltigkeit (2012-2013)
Paradoxien der Nachhaltigkeit – Wie sozialgerecht sind grüne Technologien wirklich? (2012-2013)
Alarmiert durch die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima beschloss die aktuelle, konservativ-liberale Bundesregierung im März 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022. Ausgehend von dem sogenannten Atomkonsens und der damit eingeleiteten Energiewende in Deutschland, haben wir uns gefragt: „Wie sozialgerecht sind grüne Technologien wirklich?“ Wir schließen damit an unser Jahresthema 2011 „Soziale Bewegungen in Afrika“ an, da im Kontext von aggressiver Rohstoff-Förderung und Handel zahlreiche NGOs, Gewerkschaften, Kirchen und zivilgesellschaftliche Initiativen in Afrika Themen wie Arbeitsrechte, Ökologie, Landgrabbing/ Landraub und faire Handelsbedingungen lautstark auf die Agenda setzen.
Hintergrund & Motivation
„Green economy won´t save the planet, but green democracy will.“
Patel, 2012
Befördern regenerative Energien die Entwicklung Afrikas? Welches sind die sozialen, ökologischen und ökonomischen Konsequenzen entlang der Produktions- und Wertschöpfungskette, insbesondere unter Berücksichtigung der Förderung und des Handels von Rohstoffen, die zur Erzeugung regenerativer Energien notwendig sind? Zudem stellen wir die Frage, ob, wo und wie diese alternativen Formen der Energieerzeugung überhaupt in Afrika zugänglich sind – oder handelt es sich bei der „Energiewende“ um ein exklusives europäisches Projekt, das als der mutmaßlich ökologische Wiedergänger der industriellen Revolution einmal mehr auf Kosten Afrikas und seiner Entwicklung realisiert wird? Entfaltet die Energiewende auch für Afrika ein positives Entwicklungspotenzial oder wird der Kontinent auch im Hinblick auf die neuen, zukunftsweisenden „grünen“ Technologien einen neuen „Ressourcenfluch“ erleben, der Armut im Ressourcenreichtum und Mangel im Überfluss aufrechterhalten und vielleicht sogar noch vergrößern wird?
Ziel des Projektes ist es, relevantes Wissen über die Produktions- und Wertschöpfungskette „grüner“ Technologien, insbesondere über die Bedingungen und Konsequenzen der Rohstoffförderung und –handels herauszuarbeiten, die aktuell noch häufig im Widerspruch zu entwicklungspolitischen Zielen stehen und daher mit Blick auf eine größere entwicklungs- und umweltpolitische Kohärenz gestärkt werden müssen. Im Rahmen der angebotenen Aktivitäten können sich die Teilnehmer_innen intensiv über die Europäische Rohstoffstrategie und Handelspolitik sowie damit zusammenhängende soziale, ökologische und sicherheitspolitische Konsequenzen ihrer Umsetzung informieren, diese kritisch analysieren und diskutieren. Expert_innen aus Afrika wird dabei ein breites Forum geboten. Im Anschluss werden gemeinsam mit den Vertreter_innen der deutschen Zivilgesellschaft Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft erarbeitet und Strategien für deren zielgerichtete Verbreitung entwickelt und umgesetzt. Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Entscheidungsträger_innen in Politik und Wirtschaft deutlich zu machen, dass es eine kritische deutsche Zivilgesellschaft gibt, die gemeinsam mit Partnern aus Afrika die konsequente Umsetzung einer sozialökologischen Energiewende fordert, die eine deutlich stärkere entwicklungspolitische Kohärenz beinhalten muss als dies bislang der Fall ist.
Handlungsempfehlungen: Verbindlich, demokratisch, solidarisch – Afrikanische Perspektiven auf die Energiewende
Basierend auf den Diskussionen und Veranstaltungen mit unseren afrikanischen Gästen in 2012 und 2013 im Rahmen des Projektes „Paradoxien der Nachhaltigkeit – wie sozialgerecht sind `grüne` Technologien wirklich?“ liegt nun die finale Version der Handlungsempfehlungen für den Weg hin zu einer global gerechte Energiewende vor. Die afrikanischen AktivistInnen und WissenschaftlerInnen fordern:
- Verbindliche faire Abbau- und Nutzungsbedingungen für natürliche Rohstoffen, gerade im Zusammenhang mit ihrer Nutzung für „grüne“ Technologien!
- Demokratische Entscheidungshoheit über Zugang und Weiterverarbeitung dieser Ressourcen in den Händen der betroffenen Communities!
- International solidarische Entwicklung und Förderung dezentraler regenerativer Energieversorgung!
Wir danken allen ReferentInnen und BesucherInnen unserer Veranstaltungen in 2012 und 2013 für ihr kritisches Feedback!
Fotoausstellung „Mémoire“ des gefeierten kongolesischen Künstlers Sammy Baloji
Vom Montag 14. Oktober bis Donnerstag 24. Oktober 2013 jeweils von 9 bis 19 Uhr (Montag bis Freitag) lädt AfricAvenir in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Fotoausstellung „Mémoire“ des vielfach preisgekrönten und international gefeierten kongolesischen Künstlers Sammy Baloji. Die Ausstellung findet im Rahmen der „Alternativen Rohstoffwoche“ statt.
Sammy Baloji verknüpft in seiner Fotoserie „Mémoire“ Schwarz-Weiß Archivaufnahmen der belgischen Kolonialzeit mit aktuellen Fotografien der Minenstadt Lubumbashi in der Demokratischen Republik Kongo. Koloniale Vergangenheit mit Zwangsarbeit und ausbeuterischer Hierarchie trifft auf brach liegende Industrieruinen und Abraumhalden. Die großformatigen Fotomontagen setzen koloniale Vergangenheit und post-koloniale Ausbeutung eindrücklich in Bezug, eine Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen, auf der der sog. „Fortschritt“ westlicher Technologien beruht.
„Mémoire“ zeigt das bleibende Erbe der Kolonialzeit – für Gesellschaft, Politik und Umwelt – und verweist gleichzeitig auf den enormen wirtschaftlichen Gewinn, den die Kolonialherren aus den Minen schlugen. Auf beeindruckende Weise ruft „Mémoire“ dazu auf, die Konsequenzen von „Entwicklung“ für Rohstoffabbauregionen zu bedenken und betont die Rechte der betroffenen Bevölkerungen, über ihre Rohstoffreichtümer selbst zu bestimmen.
Fachkonferenz: „PARADOXIEN DER NACHHALTIGKEIT – Wie sozialgerecht sind ‚grüne‘ Technologien wirklich?“, 19. und 20. Oktober 2012, JugendKulturZentrum Pumpe
Vom 19. bis 20. Oktober lud AfricAvenir zur internationalen Fachkonferenz „PARADOXIEN DER NACHHALTIGKEIT – Wie sozialgerecht sind ‚grüne‘ Technologien wirklich?“ mit namenhaften Intellektuellen, AktivistInnen und JournalistInnen wie Judi W. Wakhungu, Direktorin des African Center for Technology Studies (ACTS) in Nairobi (Kenya), Many Camara, Vertreter von Faléa 21 in Frankreich (Mali/Frankreich), Nozipho Mabebe Wright, Regionale Netzwerkkoordinatorin von ENERGIA Afrika (Botswana) und Tidiane Kassé, Journalist und Chefredakteur der französischen Ausgabe Pambazuka (Senegal).
Anliegen der Konferenz war neben der thematischen Diskussion vor allem die Vernetzung von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus dem Bereich der Menschenrechte, Umweltschutz, Klimawandel, Entwicklungszusammenarbeit, der Kirchen und Gewerkschaften, die bereits zu Themen der globalen Rohstoffpolitik arbeiten oder dies zukünftig tun wollen.
Die Konferenz bot außerdem die seltene Gelegenheit zum Austausch mit WissenschaftlerInnen und AktivistInnen aus Afrika, um gemeinsame Forderungen hinsichtlich einer solidarischen, entwicklungsorientierten Rohstoffpolitik zu formulieren und Strategien zu entwickeln und diese in Form von Handlungsempfehlungen gemeinsam und zielgerichtet an EntscheidungsträgerInnen in Politik, EZ und Wirtschaft zu richten. Ziel war eine grundlegende Neudefinition der Bedingungen im Rohstoffhandel zu finden, damit die Green Economy kein weiteres neo-koloniales Projekt auf Kosten des Globalen Südens wird.
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Video Interviews zum Thema „Paradoxien der Nachhaltigkeit“
Im Rahmen unseres Projekts „Paradoxien der Nachhaltigkeit“ hatten wir die Möglichkeit, mit einigen afrikanischen Expert/innen im Bereich erneuerbare Energien zu sprechen. Diese Interviews, sowie einige der Key Note Speeches unserer Konferenz sind auf dieser Seite zusammengestellt.
Interview mit Nnimmo Bassey: „Wie kann Afrika von der Energiewende profitieren?“
Im Rahmen des Projektes „Paradoxien der Nachhaltigkeit“ veranstaltete AfricAvenir ein Dialogforum dem nigerianischen Umweltaktivisten Nnimmo Bassey zu „Green Economy on the move – wie kann Afrika von der Energiewende profitieren?“. Im Interview spricht Bassey über afrikanische alternative Lösungen zu herkömmlichen Machtverteilung im Energiesektor.